Authentische (Selbst-)Führung

Gepostet von am Dez 8, 2014 in Blog

Authentische (Selbst-)Führung

Anmerkungen von Jörg Pscherer zu Schlachte´s Blog: „Ohne Selbst keine Innovation und kein Erfolg in komplexen Märkten“

Aus differentialpsychologischer Sicht kann ich den Beitrag des Coaching-Kollegen Christoph Schlachte bekräftigen und bestätigen, dass Menschen und Märkte, welche ja auch Ergebnis rationaler und nicht selten irrationaler Entscheidungsprozesse sind, am besten funktionieren, wenn “Herz und Hirn” eine Einheit bilden. Dies heißt nicht konflikt- und frustfrei, aber nachhaltig authentisch. Die zitierte PSI-Theorie als die derzeit beste, weil umfassendste Persönlichkeitstheorie beschreibt genau die Informations- und Motivationsprozesse, auf die es ankommt: Ergebnis ist eine “selbst-“vertrauende Handlungsorientierung.

Der Begründer der PSI-Theorie, Julius Kuhl, unterscheidet in der Theorie der Persönlichkeits-System-Interaktionen als umfassendes und gleichzeitig anwendungsorientiertes Modell vier Systeme der Informationsverarbeitung:

•Intentionsgedächtnis (IG) –„Kopf“
•Intuitives Verhaltenssteuerungssystem (IVS) –„Bauch“
•Objekterkennungssystem (OES) –„Wächter“
•Extensionsgedächtnis (EG) –„Selbst“

Systemtheoretisch betrachtet spielt die Interaktion dieser vier Ebenen eine große Rolle für psychosoziales Funktionieren. Dabei kommt es gerade auch auf ein kohärentes, persönliche Erfahrungen nutzendes Kontext- und Selbstwissen im sogenannten Extensionsgedächtnis an: Im Unterschied zur sequenziell-analytische Aufmerksamkeit des Intentions- bzw. Absichtsgedächtnisses (Denken) ist die Aufmerksamkeit hier parallel-ganzheitlich (Fühlen). Sind jedoch die Absichten „überladen“ (zu rational, zu wenig Intention bzw. Bauchgefühl), dann bleiben diese oft im Planen oder gar Grübeln „lageorientiert“ stecken. Menschen mit gutem Zugang zu ihrem Extensionsgedächtnis (Selbst) zeichnen sich hingegen durch Flexibilität, Durchsetzungsfähigkeit und Gelassenheit aus. Motivationspsychologisch betrachtet sollte man beachten, das nicht Jeder gleich gestrickt ist: Neigungen, Kompetenzen und Kommunikationsformen sind individuell unterschiedlich – Denkt der Eine gern logisch und kontrolliert, braucht der Andere eher Freiraum und der Dritte fühlt sich am wohlsten mit viel Gruppenharmonie.

Authentische Selbstführung nutzt handlungsorientierte Motivationspotenziale eines proaktiven „Ich“ im Spannungsfeld innerer und äußerer Ressourcen wie auch Begrenzungen. Die Persönlichkeitspsychologie spricht von dynamischer Person-Situation-Interaktion und meint umgangssprachlich die Möglichkeiten des Individuums, bewusst planend und aktiv Einfluss zu nehmen auf seine Umwelt mittels eigengesteuerten und selbstregulierten Handlungsoptionen. Aus biopsychosozialen Wechselwirkungen ergeben sich auf Mikro- und Makroebene (Person, Team, Organisation, Markt usw.) optimalerweise positive Synergieeffekte, die sich wiederum günstig auf Motivation und Selbstwirksamkeit des Einzelnen auswirken sowie auch auf das Unternehmensklima: Aus einer starren reaktiven Verhaltenskultur kann sich so eine gestaltende Wertekultur entwickeln.

Negativszenario hingegen ist eine negativ motivierte Anpassungs- oder gar Unterwerfungskultur, die zumindest in der horizontalen Breite wenig Raum für Innovation und kreative Problemlösungen lässt, vor allem wenn auch noch wenig informelle, individuelle und kommunikative Gestaltungs- und Ruheräume („stille Zeiten“) bestehen. Gerade streng leistungsorientierte Mitarbeiter und Führungskräfte reagieren darauf mit dem Risiko der Überforderung bis hin zum „ausgebrannten“ Präsentismus (Dienst nach Vorschrift) und Absentismus (abwesend, krank). Starre Anpassung funktioniert laut Beratungsexperte Christoph Schlachte in einem starren Markt relativ gut: „Läuft das eine Zeit lang wirtschaftlich erfolgreich, dann lernt das Management, dass das wohl ein Erfolgsmodell sein muss.“

Und weiter: „Wo jedoch die Business Modelle eine kurze Halbwertszeit haben und immer wieder neue Marktbedingungen zu beobachten sind, sowie sich Kundenbedürfnisse schnell ändern, da brauche ich andere Möglichkeiten der Reaktion. Wenn da immer nach Schema X reagiert wird, dann wird es scheitern, wenn einer der Wettbewerber geschmeidiger reagiert. Beispiele dazu kennen wir alle: Nokia / Apple, Metz / (Samsung, …), Schlecker/ dm-drogerie markt, … Die Haupterkenntnis aus meiner Sicht ist, dass Prozesse und Strukturen Sinn machen und damit auch eine Organisation, die damit professionell umgehen kann. Doch dann braucht es dazu eine Art von Führung und Zusammenarbeit für komplexe Probleme und Herausforderungen, die eben nicht “Anpassung” und “Automatismen” belohnt sondern mitdenken, mit handeln und gestalten.“ (zitiert aus „Schlachte´s Blog“ zum Thema „Ohne Selbst keine Innovation und kein Erfolg in komplexen Märkten“.)

Ein interessantes Interview mit Professur Julius Kuhl zum Thema Motivation bei Führungskräften unter: http://bit.ly/1zkMUyc

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