Therapeutische Apps
Kleine Assistenten in der Psychotherapie
Stimmungskurven erstellen, die Schlafqualität und den Fitnessgrad beobachten oder in Entspannungsübungen anleiten lassen – Smartphone-Apps wie zum Beispiel „Stimmungstagebuch“ oder „Alltagsentspannung Lite“ werden zunehmend von privaten Nutzern und auch im professionellen Setting eingesetzt. Halten diese kleinen Helfer des Befindens und der Selbstveränderung, was Sie anbieten?
Gerade die jüngere Generation spricht auf die bunte Welt der Apps an, mittlerweile ist auf Smartphones fast zu jedem Lebensbereich ein mehr oder minder sinnvolles Miniprogramm zu finden, ob nun bei Wetter- oder Reiseauskünften, Pizza-Suche oder Zeitungslektüre. Aber sind Apps auch im therapeutischen Bereich sinnvolle Helfer?
Ein Fachartikel zum Thema „Smartphone-Apps bei psychischen Störungen“ des Deutschen Ärzteblatts befasst sich in seiner neuen Ausgabe mit diesem Thema. Und kommt zu folgendem Schluss: Therapeutische Apps benötigen nicht viel Aufwand und werden vor allem von jüngeren Patienten schnell akzeptiert. Information, Kommunikation und Unterhaltung in einem, schnell geladen, ohne großen Schnickschnack und Anleitungs-Dschungel. Im Gesundheitsbereich werden Apps von Krankenkassen angeboten und auch der freie Markt bietet dazu Einiges. Vieles noch dazu kostenfrei. Also eine sinnvolle Ergänzung zum persönlichen therapeutischen Kontakt, ähnlich Mail- oder Skype-Kontakten?
Ein bedingtes Ja: Therapie-Apps sind motivierend und praktikabel. Aus wissenschaftlicher Perspektive jedoch sind die kleinen Anwender auf dem Handy weder im Nutzen noch in der Qualität ausreichend untersucht. Sie bieten einen niedrigschwelligen Zugang, gerade im Vorfeld einer Behandlungs-Entscheidung eine gute Ersthilfe. Auch bei subklinischen Krisen und Problemen können Apps und Co. eventuell gar eine professionelle Behandlung unnötig machen. Positive, attraktive Verstärkung ist in den nett gestalteten und ressourcenorientierten Miniwerkzeugen on the phone inklusive. Wartezeiten auf einen Therapieplatz werden sinnvoll genutzt und Einstiegsprobleme vermindert sowie eine Behandlung assistiert. Eine ausschließliche „Smartphone-Therapie“ darf allerdings nicht das Ziel sein, ebenso nicht wie Online-Diagnostik. Der individuelle, umfassende Expertenkontakt würde fehlen.
Aus eigener Erfahrung in meiner Praxis mit App-Tagebüchern und Entspannungs-Programmen kann ich bestätigen: Gerade im Sinne einer alltagsnahen, eigenverantwortlichen Selbstmangement-Therapie sind neue Medien eine praktische Ergänzung zum face-to-face-Kontakt in den Praxisräumen. Sie erhöhen die Compliance in Selbstbeobachtungs- und Änderungsphasen durch ihre ökonomische und pfiffige Gestaltung – gemäß der Erfahrung: Je weniger aufwändig und je ansprechender, desto nachhaltiger die Umsetzung – am besten mit kalendarischer Erinnerungsfunktion. Und das zählt ja bekanntlich im Behandlungserfolg. Was nützt das Vornehmen, wenn es im Alltagsgetriebe verpufft? Eine Garantie für Nachhaltigkeit können Apps und Online-Medien natürlich auch nicht geben, das Risiko der „leichten“ Oberflächlichkeit könnte gar die Komfortzone verstärken oder gar eine Konsumhaltung erzeugen. Aber mit Bedacht und gezielt angewendet, kann ich als Therapeut durchweg von positiven Erfahrungen berichten. Neue Medien können optimalerweise auch im persönlichen Patienten-Therapeuten-Kontakt eingebunden werden – etwa zeitnahes therapeutisches Feedback in SMS-Botschaften etwa bei Verhaltensexperimenten bei Angstbehandlung. Das Bedürfnis von Klienten nach Eigenständigkeit und Praktikabilität wird in jedem Fall unterstützt.
Kurz und gut: Ausprobieren!
Zum Artikel von Marion Sonnenmoser im Deutschen Ärzteblatt PP, 6/2013: therapie-apps_dä